Totale Mondfinsternis 16. Mai 2022 auf Teneriffa bestens sichtbar

Totale Mondfinsternis am 16. Mai 2022 für Frühaufsteher gut sichtbar

Die totale Mondfinsternis am 16.Mai 2022 ist von Teneriffa und den anderen kanarischen Inseln aus am besten sichtbar. Wer heute frühmorgens den Wecker gestellt hatte und auf seinen Schlaf verzichtete, wurde mit einer seltenen und deshalb beeindruckenden astronomischen Erscheinung belohnt: Eine gut sichtbare Mondfinsternis, die sich aufgrund unserer südlichen Lage sehr gut mit bloßem Auge oder mit einem Fernglas beobachten ließ.

Mein Wecker klingelt um 03:15. Nach dem ersten Schock rappelle ich mich auf und wanke schlaftrunken zur Terrasse, um zu sehen, wo der Mond steht. Ich sehe ihn in hell leuchtendem weiß direkt vor meiner Terrasse. So hell, daß außer Sirius keine anderen Sterne sichtbar sind. Im Hintergrund steht dunkel und mächtig der Teide. Der Mond befindet sich geschätzte 30 Grad über dem Meer, das 200 Meter tiefer in rhythmischen Bewegungen an das Ufer schlägt und dabei ein ununterbrochenes Rauschen erzeugt.

Das Stativ ist aufgebaut. Ich dachte daran ein Timelaps Aufnahme zu machen. Ein Blick durch mein iPhone zeigt mir sofort, dass dies ein aussichtsloses Unterfangen ist. Man sieht lediglich einen gleißenden, weißen Lichtfleck mit ausfransenden Lichtfetzen nach allen Seiten. Für gute Aufnahmen bedarf es anderer Ausrüstung. Also werde ich mir das Spektakel ohne Technik live in aller Besinnlichkeit ansehen. Ich wickele mich in die angenehm flauschige Fleece Decke ein und lege mich auf die Bank meiner Terrasse. Ich verzichte auf einen Kaffee in der Hoffnung, nach der Mondfinsternis nochmals Schlaf zu finden. Gegen 04:30 soll der Höhepunkt der Mondfinsternis erreicht sein.

Gegen 03:30 ist noch nichts zu sehen von der Mondfinsternis. Verspätung? Nein, natürlich nicht, die Berechnung der Astronomen ist richtig, Mond und Erde ziehen ihre vorgegebenen Bahnen und die Sonne scheint unablässig hinter der Erde. Für die totale Mondfinsternis muss der Mond exakt in einem der beiden Schnittpunkte von Mondbahn- und Erdbahn stehen. Nur dann befindet er sich vollständig im Kernschatten der Erde und es kommt zu einer totalen Mondfinsternis. Wenn dies geschieht, dominiert das langwellige, rötliche Licht und es entsteht der so genannte Blutmond.

Dieser Effekt, den uns Physiker einfach erklären können, flößte vor Jahrhunderten der Menschheit in allen Erdteilen in Angst und Schrecken. So entstanden viele Mythen: Bei den Chinesen war es der himmlische Drache, der sich er Erde näherte um diese zu verschlingen. Mit Feuerwerk wurde der drohenden Gefahr begegnet. In der nordischen Mythologie jagen sich Wolf Hati und Mondgott Mani, bei den Amazonas Bewohnern blutete der Mond und bei den Griechen waren böxe Hexen am Werk. Allerorts waren es unheimliche und bedrohliche Szenarien, die dem kosmischen Spektakel zugeschrieben wurden.

Da bin ich froh zu wissen, was mich erwartet und so sehe ich dem Ereignis in meiner Decke eingehüllt mit Spannung entgegen. Es ist doch recht frisch hier draußen. Allmählich tritt eine Veränderung ein. Es sieht so aus als bildeten sich kleine Krausen über den strahlend hellen Mond. Einige Minuten später legt sich ein Schatten von Osten kommend über die linke Seite des Mondes. Langsam, sehr langsam weitet sich der Schatten aus und verdunkelt den Mond zunehmend.

Es dauert noch eine weitere gute halbe Stunden bis sich die Finsternis einstellt. Inzwischen ist es bereits 04:20 bis der Mond fast vollständig verdeckt ist. Wird er wirklich noch ganz dunkel werden frage ich mich, leicht fröstelnd. Ich nehme das Fernglas zur Hand und sehe auf den Mond. Er erscheint, wie mit einem Filter versehen, abgedunkelt und nun auch leicht rötlich. Durch das gedämpfte Licht sind sowohl seine Konturen, als auch die Topographie der Mondoberfläche gut zu sehen. Es wirkt sehr plastisch und durch das Fernglas sehr nah. Als weiterer Effekt sind nun die Sterne wieder zu sehen. Ich zücke das Smartphone, starte die Star Walk 2 App und halte die Kamera gegen den Nachthimmel. Einfach zu identifizieren ist der hellste Stern am Himmel: Es ist Spica, im Sternzeichen Jungfrau. Dieser “heiße” Stern strahlt dank seiner Oberflächentemperatur von mehr als 22.000 Grad Celsius so intensiv, das seine ausgestrahlte Energie 13.000 Mal heller erscheint als das der Sonne. Er zählt auch zu unseren nächsten Nachbarn obwohl er 260 Lichtjahre entfernt ist. Und er ist nicht allein: sein etwas dunklerer Nachbar umrundet Spica alle 4 Tage, was zu einem geringen Helligkeitsverlust führt, den wir mit unserem Auge wahrnehmen können.

 

Das Sternbild Skorpion dargestellt mit einer Grafik vor einem Nachthimmel
Ich schwenke die App nach Osten. Drei Sterne stehen übereinander aufgereiht gleich links vom Mond. Sie sind der Endpunkt einer geschwungenen Linie, die aus mehreren Sternen besteht, an deren Ende wiederum zwei Sterne deutlich sichtbar scheinen. Es ist der Skorpion. Dank der astronomischen Nachhilfe von Star Walk erkenne ich nun dieses Sternbild sehr einfach und ich werde es in Zukunft bestimmt wieder erkennen. Noch ein kleiner Schwenk nach Westen und ich erkenne rund um den Mond die Waage. Weshalb die vier Sterne eine Waage sein sollen, erschließt sich mir nicht. Genauso wenig wie das Sternbild der Jungfrau. Die App zeigt mir alle Sterne auf, die dazu gehören. Beim besten Willen reicht meine Fantasie nicht, um mir eine Jungfrau denken zu können. Aber gut, Luftpumpe und südlicher Fisch sind weitere rätselhafte Zuschreibungen der unendlich weit entfernten Sterne zu sogenannten Sternbildern, die für uns auf Teneriffa so gut sichtbar sind. Ich wünschte mir man hätte das Licht in Puerto de la Cruz für dieses Ereignis ausgeknipst. Die Hafenstadt und das Orotava Tal sind recht hell bei Nacht. Auch wenn ich es in anderen Nächten als ein Privileg empfinde, dass die Stadt bei Dämmerung das Licht für mich einschaltet, um mir ein weiteres visuelles Highlite zu bieten, so ist es für diesen Moment etwas störend. Die Mondfinsternis ist nun total – also vollständig. Der rötlich schimmernde Mond steht fast unverrückt vor mir. Er wird nun bald wieder heller werden, bevor er für mich im Meer untergehen wird. Das sollte nochmals zwei Stunden dauern aber die werde ich im warmen Bett verbringen in der Gewissheit, dass der Mond nur temporär untergeht und mich auch keine Drachen verschlingen werden. Gute Nacht allerseits.

Wie kommt es zu einer totalen Mondfinsternis?

Eine Mondfinsternis entsteht nur bei Vollmond, wenn der Mond genau gegenüber der Sonne steht. Mond, Erde und Sonne liegen dann auf einer Linie. Die von der Sonne angestrahlte Erde wirft wie ein Sonnenschirm einen Schatten in den Weltraum. Wenn der Mond durch diesen Schatten läuft, sehen wir eine Mondfinsternis. Dies findet jedoch nicht immer genau so statt, denn meistens steht der Vollmond dabei über- oder unterhalb des Erdschattens, da die Mondbahn um fünf Grad gegenüber der Erdbahn geneigt ist. Daher sind sowohl Mond- als auch Sonnenfinsternisse recht selten. Pro Jahr gibt es 12 bis 13 Vollmonde, bei dreien davon taucht er durchschnittlich in den Kernschatten der Erde ein. Eine Mondfinsternis sehen wir aber nur dann, wenn der Mond zu dieser Zeit bei uns über dem Horizont steht; sonst ist die Finsternis nur von anderswo auf der Erde zu sehen. Deshalb konnte man die Mondfinsternis in Deutschland kaum sehen zumal der Mond in den frühen Morgenstunden bereits unterging. Glückauf für uns Insulaner.

Ich habe die Mondfinsternis verschlafen. Wo kann ich sie dennoch sehen?

Für all diejenigen, die verschlafen haben oder nicht gewillt waren, sich einen Wecker zu stellen, gibt es eine bequeme Lösung. Das Observatorio del Teide bietet auf seinem YouTube Kanal Sky-Live TV die Mondfinsternis in einer Aufzeichnung an. Wer es noch nicht weiß, das Observatorium überträgt solche Ereignisse meist live! Es lohnt sich also reinzuschauen, wenn wieder ein astronomisches Ereignis ansteht. Der Kanarenvogel wird euch informieren, wenn ihr die Website oder meinen YouTube Kanal abonniert. Immerhin stehen auf Teneriffa und La Palma zwei der beiden größten Teleskope weltweit.

Wer sich nicht stundenlang den Mond ansehen möchte springt vor bis auf 7:17:51. Dann gehts los. Durch die Aufnahme der Kamera durch das Teleskop wird der Verlauf der Mondfinsternis von oben nach unten dargestellt. In Realität war diese von links nach rechts sichtbar.

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