Top Wanderung: Von Chamorga zum Faro de Anaga

Wanderung mit Fernsicht auf 4 von 8 kanarische Inseln

Sonntag, 2. Januar 2022, 07:00: Der Wecker klingelt. Draußen ist es noch dunkel. Obwohl es uns Überwindung kostet, stehen wir auf. Der Tag verspricht 10 Stunden Sonnenschein mit fantastischer Fernsicht. Diese Gelegenheit wollen wir nutzen, um uns im äußersten Nordosten des Anaga Gebirges auf eine anspruchsvolle Wanderung zu begeben. Wir sind neugierig auf das grandiose Panorama das sich auf der Wanderung ergeben soll.  Es ist ein ungewöhnlich warmer Wintertag auch für die Kanaren und Teneriffa. Die Medien sprechen vom „veranillo“, was soviel wie kleiner Sommer bedeutet. Und in der Tat, in den letzten Tage stieg das Thermometer bis auf 28C. Bereits am Samstag sahen wir die Nachbarinsel La Palma so klar und nah, wie wir sie noch nie gesehen haben. Sie war so nah, dass man Lust verspürte hinüber zu schwimmen. 

 

Sonnenuntergang am 1.1.2022 el Teide und La Palma

Die Anfahrt nach Chamorga im Anaga Massiv

Ich kontaktiere noch Pierre, einen französischen Bekannten, der sich uns spontan anschließt. Zu Dritt starten wir etwas verspätet gegen 08:45 mit dem Auto. Über die Nordautobahn TF-5 geht es nach La Laguna und dann immer weiter der TF-113 folgend bis Chamorga. Von Tacoronte aus sind es 50 Kilometer,für die wir 1 ½ Stunden benötigen! Wer schon mal durch das Anaga Gebirge gefahren ist, weiß warum. Die Straße ist eng und schlängelt sich in unzähligen, engen Kurven durch das Anaga Massiv. Man muss die ganze Zeit wachsam sein: Fahrradfahrer, die Freude an körperlichen Qualen haben, müssen vorsichtig passiert werden. Jeden Augenblick kann einem ein Fahrzeug entgegenkommen, das die Kurve schneidet oder wegen zu hoher Geschwindigkeit seine Fahrbahn verlässt und einem frontal entgegenkommt.. Und dann ist da noch dieser betagte Land Rover vor mir, der schwarze Wolken stinkenden Diesels auspustet. Das bedeutet Abstand halten. 


Und trotzdem macht mir die Fahrt durch das Gebirge immer wieder Spaß. Ja, die Kurven sind auch mit einem Golf ein Fahrvergnügen. Und wenn zwischen dem dichten Lorbeerwald wieder eine Lichtung kommt, begeistern mich die großartigen Fernsichten auf La Laguna, Santa Cruz und auf die scharfen, grün bewaldeten Bergzacken des Anaga Massivs. Wir stoppen am Mirador Cruz del Carmen, von wo aus sich an diesem Morgen eine beeindruckende Sicht bietet: Im Osten steht die Sonne leuchtend hell über Gran Canaria. Im Südwesten blickt man über La Laguna, Santa Cruz und die Landepiste des Nordflughafens. Im Süden thront der mächtige Teide über der Insel. Sein Gipfel ist wie mit Puderzucker überzogen – die letzten Reste von Schnee. Wir lösen uns nur schwer von diesem Ausblick und steigen wieder ins Auto.

Der Startpunkt für den Rundwanderweg von Chamorga nach Faro de Anaga

Am Ortseingang von Chamorga parken wir das Auto, schnappen die Rucksäcke und laufen um 10:30 los. Wir haben uns für den Rundwanderweg PR-TF 6 entschieden. Die Strecke führt von Chamorga über den Weiler El Draguillo hinüber zu Las Palmas de Anaga, dann entlang des Höhenweges bis zum Faro de Anaga. Von dort geht es weiter (hinunter) bis zum Roque Bermejo, wo man baden kann. Anschließend folgt man dem Camino de Bermejo durch einen Barranco wieder hinauf nach Chamorga. 

Ich nehme es hier bereits vorweg: Als wir nach 4 Stunden Wanderung am Farol ankamen und hinunter zum Strand blickten, waren wir nicht mehr Willens, weitere 250 Höhenmeter hinabzusteigen, nur um dann nochmals 490 Höhenmeter hinauf zu gehen. Insgesamt wären dies weitere (nochmal) 740 Höhenmeter! Deshalb wählten wir die Abkürzung des Wanderwegs PR-TF 6.1, der 100 Meter oberhalb des Leuchtturms beginnt. Der anstrengende, steile Weg verkürzt den Aufstieg und führt über die Casa de Tinafada ebenfalls nach Chamorga. Und so kamen wir bei Tageslicht ins Dorf und hatten Zeit, ein kühles Bier zu trinken. 

Aber nun zur Wanderung. Da es sich bei diesem Rundwanderweg um einen der bekanntesten und beliebtesten auf Teneriffa handelt, ist er sehr gut beschildert. Das  Hinweisschild am Ortseingang (Plaza de Chamorga, 490 m) weist den Weg nach El Draguillo über Tifada. 

Von Chamorga über El Draguillo nach Las Palmas de Anaga

Man läuft ca. 30 Minuten durch den schönen Lorbeerwald, der vor Windböen schützt und gelangt nach rund 180 m Höhenmetern (1 Km) zum Cruz de Draguillo, das sich auf dem Berggrat befindet, wo sich die Wege teilen. Folge hier dem Weg geradeaus den Berg auf der anderen Seite hinunter. Wir steigen 480 Höhenmeter hinab bis zum Weiler von El Draguillo, die 180 m über dem Meer liegt. Wer so wie ich an den Besuch eines Cafes dachte wird vergeblich suchen. Hier gibt es keine öffentlichen Lokale. Im besten Fall zeigt sich ein Bewohner eines der Privathäuser oder es begrüßt dich ein kleiner schwarzer Hund, der einsam den Tag im Schatten eines Autos verbringt und sich über jeden Besucher freut, der ihn streichelt. 

Weiter dem PR-TF 6 folgend überquert man eine Holzbrücke in Richtung Las Palmas de Anaga (Entfernung 2,3 km ca. 1 Stunde, Höhe 140 m – 300 m). An der Holzbrücke wird darauf hingewiesen, dass der Weg offiziell gesperrt ist! Grund sind Abbrüche im Gelände, die den Weg schwierig und gefährlich machen. Wer weitergeht, tut dies auf eigene Gefahr. 

Wir sind weitergegangen und haben es geschafft. Es stimmt jedoch, dass der Weg bis zum Faro de Anaga einige Passagen aufweist, bei denen man von dem sandigen, schmalen Pfad abrutschen kann. Dann droht dir ein unangenehmer Absturz in den Hang, wo es schwierig wird, wieder hinauf zu klettern. Man sollte angstfrei, schwindelfrei und trittsicher sein. Sollte es naß sein würde ich auf keinen Fall hier weiter gehen.

Sobald man ein paar Höhenmeter erklommen hat blickt man zurück nach El Draguillo und entlang der Küste bis zum Leuchtturm von Punta del Hidalgo. Dazwischen befinden sich längs der Küste die Dörfer Benijo, Almáciga und Taganana. Wir staunen wieder über die klare Sicht, die alles so nah erscheinen lässt. 

Wir laufen entspannt auf dem Höhenweg und blicken nun gen Norden auf die der Küste vorgelagerten Roques de Anaga. Nach einer Stunde Wegzeit sind wir in Las Palmas de Anaga, was sich nach mehr anhört als es darstellt. Es handelt sich um ein paar Gehöfte mit Terrassen zum Anbau von Gemüse. Ob es noch bewirtschaftet wird, weiß man nicht genau. Interessant ist das Ensemble zerfallender Bauten aus vergangenen Zeiten. In einem der Gebäude findet sich eine kleine Andachtskapelle mit Holzfiguren von Jesus Christus und der heiligen Maria. Nebenan geht man durch frei stehende Mauern in den Patio des Gehöftes und steht plötzlich vor einem mächtigen Dragobaum. 

Von Las Palmas de Anaga zum Faro de Anaga

Wir verlassen das Gehöft und folgen dem Küsten-Panoramaweg über eine Distanz von 3 Km bis zum Faro de Anaga. In der Ferne erkennen wir Fuerteventura und am Ende der Insel als flacher Fortsatz sogar Lanzarote. Wow! Was für für eine Fernsicht! Ganz nah, direkt unter uns blicken wir den Abhang hinunter zum wogenden Meer. Wir sehen viel blau in allen Schattierungen. Das helle Himmelsblau geht am Horizont über in das viel dunklere grau-blau des Atlantiks. In der Ferne wirkt die Farbe des Ozeans etwas unheimlich.Wir hören das Rauschen der Wellen, die sich an den Felsen brechen. In der Ferne blökt eine Ziege. Sonst ist es sehr still, es geht kaum ein Wind. 

Der Pfad wird nun an einigen Stellen steiler und vor allem schmaler. Wir überqueren mehrere Barrancos – es sind steile Einschnitte zwischen den Flanken des Vulkans. Es ist etwas rutschig wegen der losen Erde des Pfades. Wenn man links hinunter blickt,wird es einem Unwohl bei dem Gedanken, was passiert, wenn man hier abrutschen sollte.. Lieber nicht! 

Allmählich spüren wir die Anstrengung des Bergauf- Bergabs in den Oberschenkeln und im Rücken. Als wir um 14:30 am Leuchtturm angekommen sind, erfreuen wir uns an einem gut belegten Brot mit Käse und Jamon Serrano. Abgesehen von kurzen Stopps zum Wassertrinken und der Besichtigung des Gehöftes haben wir bisher keine Pause eingelegt. Die Wegzeit bis hierher beträgt rund 4 Stunden. Eigentlich wollten wir nun zum Roque de Benijo hinunter gehen. Dort könnten wir ins Meer hüpfen, um uns zu erfrischen. Nach einer Stunde Pause rechnen wir uns aus, dass es ein erheblicher Zeitaufwand wäre, 250 Meter hinunter zu gehen und wieder 490 hinauf. Die Sonne geht um 18:15 unter und benötigen noch 1 ½ Stunden für die Rückfahrt.

Faro de Anaga und Roque de Benijo

Deshalb entscheiden wir uns für die Variante des PF-6.1 TF und steigen den steilen Weg hinauf zur Casa de Tafada. Zum Schluß wird es jetzt nochmals richtig anstrengend. Es ist sehr steil und ich spüre das Gewicht meines Rucksacks. Ich atme kurz und tief durch, der Schweiß läuft  und meine Herzfrequenz steigt auf 150. Das zwingt mich zu häufigeren Pausen. Die Sonne steht inzwischen knapp über dem Bergrücken und blendet mich. Und dann sind wir endlich oben auf 580 Meter Höhe angelangt. Was für ein Ausblick! Wir blicken wieder auf Fuerteventura und Lanzarote. Am Leuchtturm fährt das Kreuzfahrtschiff “mein Schiff” mit Kurs auf Santa Cruz de Tenerife vorbei. Wir sehen auch die Fährschiffe und anhand ihrer Wasserlinien den Weg, den sie von einer Insel zur anderen zurücklegen. Beeindruckend! 

In der Schlucht ganz unten bewegen sich kleine Menschen, die den Aufstieg noch vor sich haben. Gut, dass wir bereits oben sind und uns an den späten, aber noch immer wärmenden Sonnenstrahlen erfreuen dürfen. Chamorga liegt bereits im Schatten. Sobald die Sonne weg ist, sinken die Temperaturen schnell und mit ein bißchen Wind wird es einem schnell kalt. Wir gehen die letzten paar hundert Meter hinunter ins Dorf. Im ersten Haus sitzen mehrere Menschen zusammen vor einem gedeckten Esstisch und feiern ein Fest. Wir hören die Gäste kanarische Folklore Lieder singen. Es klingt sehr fröhlich. Um die Ecke entdecken wir die einzige Dorfkneipe und steuern geradewegs auf die Terrasse zu. In einem Nebenraum spielen vier ältere Männer Karten und trinken Rotwein. Pierre holt eine Runde Dorada Bier. Und dann endlich die Belohnung: Der erste Schluck kalten Bieres schmeckt so erfrischend. 

Ein wunderbarer Tag geht zu Ende und wir sind sehr glücklich, dass wir diesen Wintertag im Januar mit tollem Wetter und all diesen Eindrücken verbringen durften. 

Wanderweg PF-TF 6 in Kombination mit PF-TF 6.1

Infos zum Streckenverlauf: 

Plaza de Chamorga – Cruz de Draguillo – El Draguillo – Las Palmas de Anaga – Faro de Anaga – Casa de Tafada – Chamorga 

Startpunkt: Plaza de Chamorga

Distanz: 12,5 KM / 850 Höhenmeter

Dauer: ca. 5 ½ Stunden 

Schwierigkeit:

Schwindelfreiheit, Trittsicherheit, exponierte Stellen mit Absturzgefahr, nur bei trockenen Verhältnissen begehbar.

Alternative: 

Vom Faro de Anaga weiter auf PR-TF 6 zum Roque Bermejo und über Camino de Roque Bermejo zurück nach Chamorga. Die Strecke ist um 1,3 kKm länger und zusätzliche 450 Höhenmeter. 

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Eine Antwort

  1. Danke für den Bericht. Ich bin oft in der Gegend wandern gewesen und empfinde den Abschnitt zwischen Faro, Las Palmas und El Draguillo ebenfalls als nicht sicher. Man sieht immer wieder Touristen, die schlecht ausgerüstet diesen Weg nehmen. Ich empfehle also auch eure Variante über die Casas de Tafada.
    Wer die Anstrengung in Kauf nimmt, geht folgenden Weg: Benijo – Lomo – Cruz del Draguillo – (Cabezo del Tejo) – Chamorga – Roque Bermejo, Faro – Casas de Tafada – Icoso – El Draguillo – Benijo.

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